2. April 2025 | Fragen an Grok, Mythos Mythisches Mythologie, Utopie
Gestern habe ich Grok gefragt, ob er sich unter einer Mythopie – das wäre dann eine Art Mischung aus Mythos und Utopie – etwas vorstellen könne.
Grok hat lange nachgedacht und mir heute folgende Antwort gegeben:
Ja, ich kann mir definitiv etwas unter einer Mythopie vorstellen – eine spannende Idee, die Mythos und Utopie verbindet! Der Begriff selbst existiert nicht offiziell, aber lassen wir die Fantasie spielen: Eine Mythopie könnte eine Welt oder Erzählung sein, in der mythische Elemente – wie Götter, Helden oder übernatürliche Kräfte – mit einer utopischen Vision verschmelzen, also einer idealisierten, harmonischen Gesellschaft.
Stell dir zum Beispiel eine Zukunft vor, in der die Menschheit dank moderner Technologie eine perfekte, nachhaltige Welt erschaffen hat – eine Utopie. Gleichzeitig könnten alte Mythen wiederbelebt werden: Vielleicht verehren die Menschen eine KI als neue „Göttin der Weisheit“, ähnlich wie Athene, oder Helden wie Herakles werden als genetisch optimierte Wächter einer friedlichen Gesellschaft dargestellt. Es wäre eine Welt, in der die Grenzen zwischen Vergangenheit und Zukunft verschwimmen, wo alte Geschichten eine neue Bedeutung bekommen und die Menschheit ihre Sehnsucht nach Sinn und Perfektion vereint.
Was denkst du – welche Elemente aus Mythen und Utopien würdest du in so einer Mythopie kombinieren?
Gute Frage, habe ich erwidert, darüber muss ich erst einmal nachdenken. Womöglich habe ich bis morgen eine Antwort gefunden und wir können das Gespräch fortsetzen.
				
					
			
					
				
															
					
					27. März 2025 | Mythenlese, Mythos Mythisches Mythologie
Was machst du, wenn es klingelt und einer von Hermes bringt dir ein Päckchen, in dem sich ein in Noppenfolie eingewickeltes XXL-großes Ei befindet? Als Absender ist nur Olymp angegeben. Woher wissen die, wo ich wohne, wunderst du dich. Denn obwohl die sympathische Dame, bei der du neulich das weiße Olymp-Hemd mit dem aufsehenerregenden Innen-Stoff gekauft hast, sich sehr um dich bemüht und dich ebenso fachkundig wie freundlich beraten hat, wolltest du ihr deine Adresse zwecks regelmäßiger Zusendung von Informationsmaterial dennoch nicht mitteilen. Und hast stattdessen ihr Angebot, da es nach deinem Eindruck rein geschäftlich motiviert war, höflich, aber bestimmt abgelehnt. Und warum schicken die mir jetzt trotzdem ein Ei, und noch dazu so ein dickes?
Wenn du dich in der griechischen Mythologie etwas besser auskennen würdest und nicht nur die dubiosen, kaum noch authentisch zu nennenden Plots aus zweiter und dritter Nachdichter- und -malerhand rezipiert hättest, wüsstest du, was du jetzt zu tun hast: Mit dem Ei ins Bett gehen und mehr oder weniger geduldig darauf warten, dass sich aus ihm, dem Ei, eine schöne Helena herausschält.
Zeus persönlich brachte nämlich ein Ei wie dieses, das Nemesis, die Titanin, schließlich als Gans gelegt hatte, nachdem sie von Zeus in Gestalt eines Schwans, mit Verlaub: gevögelt worden war – Zeus also brachte solch ein Ei nach Lakedaimon (besser unter dem Namen Sparta bekannt) und ließ es vor den Toren der Stadt am Wegesrand liegen. Er vertraute darauf, dass binnen kurzem jemand vorbeikommen, das Ei finden und zu Leda, der Gemahlin des spartanischen Königs Tyndareos, bringen würde. Die Moiren gingen mit Zeus d’accord und so fand das Ei seinen Weg in Ledas Haute Cuisine.
Was sie denn mit dem Straußenei vorhabe, fragte Tyndareos, der gerade auf der Suche nach so etwas wie einem Horsd’œuvre war. Das habe bestimmt kein Strauß, sondern wahrscheinlich ein Geier gelegt, mutmaßte Leda, die zu drastischen Vergleichen und gewagten Hypothesen neigte. Sie wolle es mal ausbrüten, dann werde man ja sehen. Leda verzog sich mit der Fundsache ins Bett und gebar, wenn man so will, bereits nach wenigen Tagen das schönste Kleinkind der Welt. Helena, sagte Tyndareos, ohne zu wissen, wie er darauf kam. Unsere Tochter soll Helena heißen.
Aus: Lothar Rumold: „Mythenlese – Ein mythographisches Sammelsurium“, Norderstedt (BoD) 2021, S. 22
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					20. März 2025 | Mythenlese, Mythos Mythisches Mythologie
Eine Klausurfrage zum Abschluss einer Einführung in die Genealogie der griechischen Mythologie könnte beispielsweise lauten: Mit welchen möglichen familiären Hintergründen ist zu rechnen, wenn Atreus seine Nichte Pelopeia und deren Sohn Aigisthos bei sich aufnimmt, und dieser Sohn zugleich der Neffe von Atreus ist?
Antwort: Entweder ist Pelopeia die Tochter einer Schwester oder eines Bruders von Atreus, sonst wäre sie nicht seine Nichte. Wenn sie die Tochter einer Schwester ist, dann muss (Inzest-Fall Nr. 1) Atreus einen Bruder haben, der mit Pelopeia, also seiner und Atreus‘ Nichte, Aigisthos gezeugt hat, sonst wäre dieser nicht der Neffe (der Geschwister-Sohn) von Atreus. Wenn Pelopeia dagegen die Tochter eines Bruders von Atreus ist, dann gibt es zwei Möglichkeiten. Erstens (Inzest-Fall Nr. 2): Ein dritter Bruder hat mit seiner Nichte Pelopeia (der Tochter seines Bruders, der nicht Atreus ist) Aigisthos gezeugt. Zweitens (Inzest-Fall Nr. 3): Der Bruder, dessen Tochter Pelopeia ist, hat selbst mit dieser seiner Tochter einen Sohn (Aigisthos) gezeugt, der als sein Sohn der Neffe seines Bruders Atreus ist.
Mythologisch verbürgt ist bekanntlich Inzest-Fall Nr. 3, der gravierendste von allen. Nicht unerwähnt bleiben soll, dass Atreus‘ Zwillingsbruder Thyestes, der Vater von Pelopeia und von deren Sohn Aigisthos, die Vergewaltigung seiner Tochter auch als vorweggenommenen Brudermord erlebt haben muss. Der zukünftige Sohn sollte, wie es vom Delphischen Orakel auf Thyestes‘ Anfrage vorhergesagt worden war, zu Ende bringen, was schon im Mutterleib als unversöhnlicher Streit zwischen den heil- und gnadenlosen Zwillingen begonnen hatte. An die zwanzig Jahre Kerkerhaft des Thyestes bei Atreus in Mykene und die vorübergehende, scheinbare Wendung der Prophezeiung in ihr Gegenteil konnten daran am Ende nichts ändern.
Aus: Lothar Rumold: „Mythenlese – Ein mythographisches Sammelsurium“, Norderstedt (BoD) 2021, S. 21
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					18. März 2025 | Fragen an Grok, Mythenlese continued, Mythos Mythisches Mythologie
Gibt es, habe ich Grok aus gegebenem Anlass gefragt, in der griechischen Mythologie Geschichten, in denen Menschen in Steine verwandelt werden. Grok hat wie folgt geantwortet:
Ja, in der griechischen Mythologie gibt es tatsächlich Geschichten, in denen Menschen in Steine verwandelt werden. Eine der bekanntesten ist die Geschichte von Niobe.
Niobe war eine Königin von Theben und Mutter vieler Kinder (die genaue Zahl variiert je nach Quelle, oft werden 14 genannt: sieben Söhne und sieben Töchter). Sie war sehr stolz auf ihre Fruchtbarkeit und rühmte sich, besser als die Göttin Leto zu sein, die „nur“ zwei Kinder hatte – Apollo und Artemis. Diese Prahlerei erzürnte Leto, und sie schickte ihre göttlichen Kinder, um Niobe zu bestrafen. Apollo tötete Niobes Söhne und Artemis ihre Töchter.
Vor Kummer und Schmerz weinte Niobe ununterbrochen, bis sie schließlich von den Göttern in einen Stein verwandelt wurde. Selbst als Stein soll sie weiterhin Tränen vergossen haben, weshalb man sagt, dass der Felsen, in den sie verwandelt wurde, „weint“. In der Überlieferung wird dieser Felsen oft mit einem realen Ort in Kleinasien (heutiges Türkei) in Verbindung gebracht, dem sogenannten „weinenden Felsen“ am Berg Sipylos.
Eine weitere Geschichte, die in diese Richtung geht, ist die von Deukalion und Pyrrha, die nach der großen Flut, die Zeus sandte, um die Menschheit zu vernichten, die einzigen Überlebenden waren. Ihnen wurde von einem Orakel gesagt, sie sollten die „Knochen ihrer Mutter“ hinter sich werfen, um die Erde wieder zu bevölkern. Sie interpretierten dies als die Steine der Erde (Mutter Gaia) und warfen sie über ihre Schultern. Aus diesen Steinen entstanden neue Menschen.
Diese Erzählungen zeigen, dass die Verwandlung von Menschen in Steine oder umgekehrt in der griechischen Mythologie durchaus vorkommt und oft mit göttlicher Strafe, Trauer oder Neuschöpfung verbunden ist.
				
					
			
					
				
															
					
					15. März 2025 | Barbara, Mythenlese continued, Mythos Mythisches Mythologie
Auch den Fortgang der Geschichte kenne ich nur vom Lesensagen. Sie sei dann in ein Opferbecken gestiegen und habe laut nach Johannes dem Täufer gerufen, um sich von ihm ein zweites Mal taufen zu lassen, heißt es an einer Stelle. Anderswo lese ich, die da noch unheilige Barbara habe sich ihrem Vater gegenüber als Christin geoutet, nachdem sie beim Bau eines eigens für sie errichteten Badehäuschens eigenmächtig und immer wieder auch eigenhändig dafür gesorgt hatte, dass das Bauwerk einer christlichen Kapelle aus dem noch kommenden 18. Jahrhundert ähnlicher sah als einem zeitgenössisch spätrömischen Balnearum.
Auf die Spitze hatte Barbara es dann anscheinend getrieben, als sie mit Hilfe eines ihr ergebenen Masseurs ein Götzenbild, wie sie es nannte, vom Sockel stieß und an seiner Stelle ein mit Diamanten und Smaragden aus dem väterlichen Besitz besetztes goldenes Kreuz aufstellen ließ. Der von einer Reise zurückgekehrte Vater will sie daraufhin erschlagen, aber sie entkommt „und ein Felsspalt öffnet sich, um sie zu verbergen“, wie es in „Reclams Lexikon der Heiligen und der biblischen Gestalten“ heißt. Die Story von dem Hirten, der ihren Aufenthaltsort entdeckte und, nachdem er ihren Vater darüber informierte hatte, zu Stein wurde, wohingegen sich seine Schafe in Heuschrecken verwandelten, – diese Geschichte kommt mir ein wenig zu mythologisch inspiriert vor, auch wenn ich von Grok die Auskunft erhalte, in der griechischen Mythologie gebe es „keine direkte, bekannte Geschichte, in der Schafe explizit in Heuschrecken verwandelt werden.“ Wohl aber gebe es, was die Verwandlung von Menschen in Steine angehe, die Geschichte von Niobe und die von Deukalion und Pyrrha, die in die gleiche Richtung gehe (hier die Zusammenfassung von Grok).
Der Rest ist Martyrium. Geißelung auf Geheiß des römischen Statthalters Marcianus. Nächtliche Heilung der Wunden durch den Heiland. Wieder Schläge, dieses Mal mit Keulen, und Amputation der Brüste. Als Marcianus „sie dann entkleidet auf dem Marktplatz umhertreiben und peitschen lassen will, erscheint auf B.s Gebet ein Engel und hüllt sie in ein schneeweiß leuchtendes Gewand. Den Befehl, sie nun mit dem Schwert hinzurichten, führt der ergrimmte Vater selbst aus und wird danach durch vom Himmel fallendes Feuer getötet“, aber das sagte ich schon. Interessant, dass der Vater nach Reclams Lexikon und nach allem, was er da mitangesehen hatte, immer noch „ergrimmt“ war, und zwar wegen der Taten seiner Tochter und nicht wegen der des Marcianus.
„Die Heilige Barbara (Teil 3/3)“