24. Januar 2025 | Jesus
„Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt zum Reich Gottes.“ Beim Evangelisten Lukas empfiehlt Jesus, Rückblicke zu unterlassen und pflügend voran zu schreiten. Und schon fällt mir ein Ort namens Pflugfelden ein und mit ihm Vergangenes, Jahrzehnte zurück Liegendes. Um ohne zeit- und kraftraubende Reminiszenzen ins Reich Gottes zu gelangen, müsste man sich erst einmal eine ganz neue, ganz andere Sprache zu eigen machen, eine, die keine Assoziationen zulässt, wahrscheinlich auch eine, die Übersetzungen grundsätzlich ausschließt. Womöglich eine Sprache, in der Sprechen und Schweigen dasselbe ist. Im Anfang war das Schweigen und das Schweigen war bei Gott und Gott war das Schweigen.
23. Januar 2025 | Schmidt Arno
„Überwältigend. So etwas gab und gibt es in unserer Literatur kein zweites Mal. Lesen Sie Schmidt. Sie werden Ihre liebe Mühe haben, Sie werden fluchen. Dann aber werden Sie dankbar sein und aus dem Staunen nicht mehr herauskommen.“
So „Die Welt“ über Arno Schmidts „Die Gelehrtenrepublik“, die gestern bei mir im Briefkasten lag. Der „Kurzroman aus den Roßbreiten“ erschien zuerst 1957 im – ich kann’s kaum glauben – Karlsruher Stahlberg Verlag, also vermutlich gleich bei mir um die Ecke. Wann und von wem diese Rezension verfasst wurde, wird in meinem Suhrkamp-Band von 2021 leider nicht verraten. Fast möchte ich sagen: Überwältigend. So etwas gibt es in unserer „Medienlandschaft“ heute (so gut wie) nicht mehr.
22. Januar 2025 | Mythenlese, Mythos Mythisches Mythologie
Auf dem Weg zum Bahnhof wackelte unlängst vor mir so ein göttliches kleines Menschlein einher. Es bewegte sich tendenziell in dieselbe Richtung wie ich. Denn so etwas wie Richtung scheint es zunächst bei allem Eifer des anfänglichen Strebens nur als vage Orientierung zu geben. Hinter ihm schritt achtsam lenkend eine andere Mama Maia. Noch so ein Hermes, dachte ich, als ich das Blut von seinen, des Menschleins Händen tropfen sah. Wo mag er seine Lyra gelassen haben? Hat er sie schon an seinen großen, wenn auch nur halben Bruder Apollon als musisches Entgelt für die getöteten Rinder überwiesen? Von denen weit und breit nichts zu sehen war. Nur zwei Bullen in einem Streifenwagen fuhren vorbei. Uns entgegen eilte Papa Zeus, den Blick stur geradeaus gerichtet. Für dieses Mal hatte er sich in einen Hochgeschwindigkeits-Biker in voller Straßenkampf-Montur verwandelt. Gehweg hieß für ihn nur: geh weg! Und er kannte weder Hermes noch Maia. Erkennen wollte er heute einzig Persephone, seine und seiner Schwester Demeter Tochter.
Aus: Lothar Rumold: „Mythenlese – Ein mythographisches Sammelsurium“, Norderstedt (BoD) 2021, S. 13
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22. Januar 2025 | Mindset, Musk Elon
„I don’t care about optimism or pessimism. Fuck that. We’re going to get it done.“
Elon Musk (Lex Friedman Podcast, December 28, 2021)
22. Januar 2025 | Dee, John, Engel
Wer das Gespräch mit Engeln sucht, wird möglicherweise feststellen, dass der erhoffte Dialog nicht so ohne weiteres in Gang kommt. Dass ich meinerseits gesprächsbereit bin, heißt noch lange nicht, dass man es auf der anderen Seite, wo immer die sein mag, auch ist. Oder mein Gehör ist für die von Engelszungen erzeugten feinstofflichen Schwingungen zu grobstofflich gebaut. Der HERR hat uns zwar nach seinem Bilde geschaffen, aber bei der Konstruktion unserer Datenerfassungs- und -verarbeitungssysteme offenbar darauf geachtet, dass deren Leistung zunächst und zumeist im Rahmen dessen bleibt, was unter irdischen Bedingungen für eine zufriedenstellende Bewältigung des Alltags erforderlich ist.
Für seine persönliche Konversation mit Engeln musste auch der zu seiner Zeit hoch angesehene Philosoph John Dee (1527-1608), Hofastrologe von Königin Elisabeth I., besondere Vorkehrungen treffen. Assistiert von einem Wahrsager („scryer“) und unter Zuhilfenahme eines Kristalls („showstone“) versuchte er „to see through the dark days of his own time and into what he hoped was a bright and promising future“, wie es bei der Wissenschaftshistorikerin Deborah Harkness in ihrem 1999 veröffentlichten Werk „John Dee’s Conversations with Angels: Cabala, Alchemy, and the End of Nature“ heißt.
Ich habe das Büchlein heute zunächst versehentlich (zu teuer) in den USA bestellt und versuche nun, nach der Stornierung der Bestellung, die Kindle-Ausgabe zu erwerben. Warte schon seit zehn Minuten auf die Verifizierung der Bezahlung. Aber es heißt nur: „Verbindung mit Autorisierung durch Dritte wird hergestellt …“ Es ist wie verhext: jemand oder etwas Drittes scheint sich zwischen mich und die „Conversations with Angels“ stellen zu wollen.
21. Januar 2025 | Schmidt Arno
Auf der Suche nach etwas Brauchbarem für etwas Fragwürdiges finde ich im Regal einen Band mit Erzählungen von Arno Schmidt. Wie alt wäre der jetzt? Im Netz steht geschrieben, dass er am 18. Januar 1914 geboren worden sei. Also 111, jetzt schon seit drei Tagen. Ich blättere und lese: „Der kahle Mongolenschädel des Mondes schob sich mir näher (Diskussionen haben lediglich den Wert: daß einem gute Gedanken hinterher einfallen).“ Guter Gedanke.
14. Januar 2025 | Furumoto Phyllis Lei, Lebenszeichen
„It’s the beginning of march and I am in Russia. Sparkling snow is piled everywhere. The paths through the woods are packed snow, and it squeaks and crunches under foot. There are mysterious tiny holes in the path. They remind me of the little holes that clams make on the tidal beach in order to breathe. I realize after a few days that these holes are made from the high heels of the women walking on the snow. I admire their ability to walk with these boots and shoes while I am precariously treading the path in my sturdy German boots.“
Phyllis Lei Furumoto in: Reiki Magazine #40, 2006
12. Januar 2025 | dies & das
„Management bedeutet, platt ausgedrückt, an Dinge denken. Würden immer alle an alles denken, müsstest du sie nicht managen.“
Pascal Feyh (Unternehmer)
11. Januar 2025 | Utopie
Seit ein paar Tagen mache ich mir verstärkt Gedanken zum Begriff der Utopie. Grund dafür ist mein geplanter Auftritt als Redner im Rahmen der Eröffnung einer Kunstausstellung, die, so Gott will, im März 2025 im „Alten Milchhäusle“ im Karlsruher Stadtteil Neureut stattfinden wird. Die Ausstellung trägt den verheißungsvollen Titel „Bessere Utopien“.
Für Kunstschaffende wären die besseren Utopien womöglich diejenigen, in denen ein fantastisches Gemeinwesen beschrieben wird, worin das Schaffen von Kunst zum obersten Staatsziel erklärt worden ist und dem Rezipieren derselben sich niemand entziehen kann, da der öffentliche Raum zu einer einzigen großen Kunstinszenierungssphäre geworden ist. In den Fußgänger- und Fußgängerinnenzonen gäbe es rund um die Uhr Performances aller Art, es würde musiziert, deklamiert, projiziert und applaudiert und selbstverständlich gäbe es an jeder Straßenecke ein „Milchhäusle“, in dem die niemals sauer werdende Milch der Malerei, der ewig süße Honig der Bildhauerkunst und die Mode-Mixgetränke welcher Kunstform auch immer in Strömen zusammenflössen, um an den in einem Abfuhrkalender festgehaltenen Tagen abgeführt, getrennt und umweltschonend recycelt zu werden.
9. Januar 2025 | Mythenlese, Mythos Mythisches Mythologie
Es war einmal eine Göttin, deren steinernes Bildnis stand auf der Insel Samos oder auf einer anderen der vielen griechischen Inseln. Vielleicht auch in Syrakusai auf Sizilien oder irgendwo in Kleinasien. Und wenn die Ortsansässigen in Gleichnissen sprachen, dann wurde regelmäßig ihr Name genannt. Heute sieht sie sich in Gestalt ihres in Marmor gehauenen Ebenbildes in die Katakomben des Pariser Louvre versetzt. Sie steht dort seit einer musealen Ewigkeit in einer Reihe mit anderen Göttinnen und Halbgöttern. Jeder kennt hier jede, meist ist man miteinander verwandt, viele verband einst eine innige Feindschaft, die hier aber keine Rolle mehr spielt. Denn sie alle treten nur noch in einer einzigen Rolle auf, nämlich in der des historischen Kulturguts, das darauf wartet, restauriert oder ausgeliehen oder exhibiert zu werden. Missbrauch folgt auf Missbrauch. Es geht ihnen im Museum nicht viel anders als den Tieren der afrikanischen, arktischen oder sonst einer Wildnis in den Exponat-Gehegen der sogenannten Zoologischen Gärten. Freiheit, Ansehen, Anbetung und Würde – das war gestern. Heute ist Kultur.
Aus: Lothar Rumold: „Mythenlese – Ein mythographisches Sammelsurium“, Norderstedt (BoD) 2021, S. 13
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2. Januar 2025 | Furumoto Phyllis Lei, nota bene
„Sometimes what you receive as a gift comes to you in a not-so-pretty wrapper“.
Phyllis Lei Furumoto (Reiki Grandmaster)
20. Dezember 2024 | Astrologie, Bibel, Jesus
Wer Zweifel daran hegt, dass Astrologie und Christentum miteinander zu vereinbaren sind, möge bedenken, dass es „Weise vom Morgenland“ (Matthäus 2,1), also wohl Magier und Astrologen, gewesen sind, die nach dem „neugeborenen König der Juden“ (wie sie meinten) fragten: „Wir haben seinen Stern gesehen im Morgenland und sind gekommen, ihn anzubeten.“
(Martin Luther merkt in seiner Übersetzung dazu an: „(Weisen) Die S. Mattheus Magos nennet / sind Naturkündige und Priester gewesen.“)
Wer, wenn nicht ein Astrologe, käme auf die Idee, dass ein Stern am Himmel ein Hinweis auf ein besonderes Ereignis sein könnte. Und wenn drei Repräsentanten der Astrologie mit die ersten gewesen sind, die Jesus Christus ihre Referenz erweisen und ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe überreichen durften, wie sollte dann an den astrologischen Mitteln, welche die Weisen zur Quelle des Christentums geführt haben, etwas Unchristliches sein.