Nach seiner Entstehung bleibt ein Textabschnitt eine ungewisse Zeit lang flexibel wie ein Gebilde aus feuchtem, noch nicht hart gewordenem Ton. Der Satz oder das Satzgefüge ist dann noch formbar, aber vor allem: es formt sich selbst. Man könnte geradezu von der Selbstformungsphase der Sätze oder Satz-Gebilde sprechen. Die Syntax reckt und streckt oder verkürzt sich, Wörter werden ausgetauscht oder rücken wie von selbst an eine andere Stelle, aus einem Verb im Perfekt wird paradoxerweise eines im Imperfekt und umgekehrt. Man muss sich dann als Autor dem Eigensinn der Sätze bloß nicht widersetzen. Darf sich stattdessen als teil- und anteilnehmender Beobachter willig und entspannt zum Erfüllungsgehilfen eines höheren Willens machen oder machen lassen. Man kann zwischendurch auch mal aufs Klo gehen, den Müll runterbringen oder einen Berg besteigen. Die Autopoiesis, wie es die Philosophen nennen, geht derweil im Kopf oder wo auch immer weiter. Bis sich irgendwann der sprachliche Ton nicht mehr kneten lässt, das heißt: nicht mehr verändert werden will. Weil er sich selbst für formvollendet hält. Glaub es ihm einfach. Oder wirf das Ganze zurück in die große Tonne mit dem noch gestaltlosen Ausgangsmaterial, das man das Deutsche, das Englische, das Französische nennt. Und fang noch einmal von vorne an.

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